Ausgerechnet jetzt, am Wochenende der Starparty sollte das Wetter plötzlich schlecht werden! Diese Hiobsbotschaft vernahm ich am Freitagmorgen früh während der Arbeit aus dem Radio. Wochenlang waren wir nun durch schönstes Sommerwetter verwöhnt worden und nun wagten es die Wetterfrösche Regen und Kälte anzukündigen! Tatsächlich erspähte mein sorgenvoller Blick am Nachmittag immer mehr Wolken. Sollte diese Starparty auch, wie ihre beiden Vorgänger am Pragelpass, vom Wetterpech verfolgt sein?
Als ich von der Arbeit nach Hause fuhr, war bereits der ganze Himmel über Schaffhausen von einer Wolkenschicht bedeckt. Den Wetterpropheten vertrauend, wollte ich nun eigentlich nur den kleinen 8cm Refraktor mitnehmen. Doch meiner optimistischeren Lebensgefährtin gelang es, mich dazu umzustimmen, trotzdem das 25cm Schmidt-Cassegrain mitzunehmen.
Also wurde das Teleskop mit Zubehör nebst Schlafsack und warmer Kleidung im Auto verstaut. Rund zwei Stunden später, auf der Autobahn bei Bern, bereute ich diesen Entschluss keineswegs, denn es war keine einzige Wolke mehr zu sehen!
Ausfahrt Düdingen verliessen wir die Autobahn und fuhren via Plaffeien und Zollhaus bis Sangernboden. Von hier aus wiesen wahre Kunstwerke von Starparty-Wegweisern den Weg zum Chalet du Hohberg. Die Zufahrt zum Chalet ist problemlos, nur die letzten 300 Meter bestehen aus Naturstrasse. Da es bereits dunkel war, als wir ankamen, wurden wir von Peter Stüssi mit einer Taschenlampe eingewiesen. Im Chalet begrüssten uns sieben weitere Sternfreunde. Bis zum Nachtessen reichte es für uns gerade noch, kurz das Gebäude zu besichtigen.
Das Chalet liegt auf 1490 m.ü.M. und bietet Unterkunft für 50 Gäste in Massenlagern, die in verschiedene Zimmer aufgeteilt sind. Da das ganze Haus für die Starparty reserviert war, bestand also kein Platzmangel. Im Erdgeschoss befinden sich Waschräume und Toiletten, die grosse Gaststube und eine gut ausgerüstete Küche. Gekocht wird mit Gas oder Holz und der Strom für das Licht stammt aus Solarzellen.
Nach dem kräftigen Nachtessen kleideten wir uns warm ein und stellten anschliessend die Instrumente auf. Ãœber uns zeigte sich dank guter Witterung und fehlenden Fremdlichtes ein klarer, dunkler Himmel in all seiner Pracht. Dank des gut gewählten Datums störte auch kein Mondlicht. Wir hatten gerade angefangen zu beobachten, da trafen zwei weitere Sternfreunde mit einem 15cm Refraktor ein. Auch dieses Gerät war schnell eingerichtet. Nebst diesem eindrucksvollem Teleskop standen nun ein 25cm Schmidt-Cassegrain, ein 102mm Fluorit-Refraktor, ein Eigenbau-Tri-Schiefspiegler und weitere kleinere Refraktoren und Schiefspiegler im Einsatz. Es war sehr interessant, die Leistung der verschiedenen Optiken mit Hilfe von Doppelsternen und Planetarischen Nebeln miteinander zu vergleichen. Natürlich sind die Stärken und Schwächen der verschiedenen Bauweisen jedem Amateur mindestens aus der Literatur bekannt, dies aber selbst zu erleben ist eine wertvolle Erfahrung. Ebenfalls «getestet» wurden die Stative, Montierungen und Okulare. Am meisten Eindruck machten an diesem Abend auf alle Fälle der grosse Refraktor, vor dem man ehrfurchtvoll auf die Knie sinken musste, speziell wenn man Objekte in Zenitnähe sehen wollte.
Ein weiterer Schwerpunkt in dieser Nacht war das Aufsuchen weniger bekannter NGC-Objekte und der Austausch von Tips zum aufspüren derselben. Mit diesen Tätigkeiten verging die Zeit leider nur allzu schnell.
Als das Sternbild Orion schon voll über dem Horizont stand, entschlossen sich die meisten von uns, der aufkommenden Müdigkeit nachzugeben und sich ins Bett zurückzuziehen. Nur zwei «angefressene» betrieben noch bis sechs Uhr morgens einen NGC-Marathon, bis auch sie schliesslich die Müdigkeit übermannte.
Am Samstagmorgen hatten die Frühaufsteher nach dem Frühstück noch Gelegenheit, mit einem 9cm Schiefspiegler und H-Alpha-Filter einige schöne Protuberanzen zu beobachten. Wer später aufstand, musste zwar nicht auf das Frühstück, wohl aber auf die Sonneneruptionen verzichten, weil der Besitzer des H-Alpha-Filters leider schon abgereist war.
Den Samstag verbrachten die Dagebliebenen mit Fachsimpeln, Lesen, Spazieren, etc. Interessant waren die Schilderungen des ältesten Starparty-Teilnehmers, der mit rüstigen 83 Jahren noch selbst Fernrohre und Sternzeituhren konstruiert! Nach dem Mittagessen zogen zunehmend Wolken auf und wir befürchteten schon, die Nacht nicht für Beobachtungen nutzen zu können. Am späten Nachmittag stiessen zwei weitere Sternfreunde zu uns, bewaffnet mit einem Order voll Astrofotos, die reges Interesse aller fanden.
Darüber wurde es bald wieder Zeit, etwas gegen den Hunger zu unternehmen. Gegen die gewaltigen Portionen Spaghetti Bolognese, die aufgetischt wurden, hatte er aber keine Chance. Ein Blick nach draussen zeigte, dass sich die Wolken verzogen hatten. Diese Nacht war aber deutlich kühler und etwas feuchter als die vorhergegangene und wir waren froh, genug Kohlenhydrate als «Brennstoff» im Bauch zu haben. Mittlerweile hatten nochmals vier Amateurastronomen den Weg zum Chalet du Hohberg gefunden. An Instrumenten kamen nun in dieser Nacht ein 20cm Maksutov und eine CCD-Kamera mit Laptop dazu. Die CCD-Kamera brachte bereits mit einem 135mm-Objektiv und einer selbstgebauten Nachführung innert Sekunden tolle Ergebnisse auf den LCD-Bildschirm des Laptops. Zum Einsatz der CCD-Kamera am 25cm Schmidt-Cassegrain kam es aber leider nicht mehr, da zu der Zeit wegen fehlender Taukappe die Schmidtplatte bereits beschlagen war. Wir entschlossen uns daher, bei heissem Kaffee im Chalet einige CCD-Aufnahmen ab der Festplatte anzuschauen und fachzusimpeln. Danach begaben sich alle zur wohlverdienten Ruhe, zumal das Schlafmanko der ersten Nacht auch noch zu spüren war.
Am späteren Sonntagmorgen ging die Starparty offiziell zu Ende und alle Teilnehmer machten sich wieder auf den Heimweg.
Insgesamt haben an der 3. Starparty 17 Personen mit acht Instrumenten teilgenommen. Dies ist, verglichen mit der Anzahl Astroamateure in der Schweiz, leider nicht sehr viel, aber doch ein Fortschritt gegenüber den letzten zwei Anlässen dieser Art. Die Organisatoren der Starparty hegen aber die Hoffnung, dass die Anzahl der Teilnehmer jährlich zunimmt. Hoffentlich behalten sie recht! Die Zukunft wird es zeigen.
Zum Schluss möchte ich erwähnen, dass die Starparty nicht nur astronomisch, sondern, dank den Kochkünsten von Els Zuber und Ruth Gartmann, auch kulinarisch ein besonderes Erlebnis für alle Beteiligten war. Nun, wer es jetzt bereut, nicht dabeigewesen zu sein, kann es ja an der nächsten Starparty 1992 nachholen.
(aus astro*sapiens 4/91, von Marcus Lurati)