Schlechter hätte der Wetterbericht nicht sein können. Für das ganze Starparty-Wochenende ist nicht nur Dauerregen angesagt, sondern zusätzlich noch ein Kälteeinbruch. Auf der Fahrt auf unseren Starparty-Pass in den Berner Voralpen drehen sich meine Gedanken dann auch ausschliesslich ums Wetter, während die Scheibenwischer geduldig ihre Arbeit verrichten. Oben angelangt herrscht eine trostloser Nebelregen. Die Hoffnungen auf eine klare Nacht oder wenigstens ein paar Wolkenlücken sind irgendwo im Unterbewusstsein versunken. Der Nachmittag zieht sich bei dem schrecklichen Wetter in die Länge.
Ein erstes kleines Wunder passiert, indem so gegen 19 Uhr trotz deprimierender Wetterlage mehr und mehr Astronomen auftauchen. Die meisten haben sogar ein eigenes Teleskop oder doch zumindest interessante Aufnahmen, Bücher oder sonstige Astroutensilien mitgeschleppt. Beim Nachtessen sind wir so gegen 30 Personen und es entspinnen sich viele interessante Gespräche, ob denen das Geschehen ausserhalb des gemütlichen Berghauses fast vergessen geht. Nach dem Nachtessen gibt es dann eine interessante Teleskopausstellung im Starparty Aufenthaltsraum, an der sowohl die Anhänger von selbstgebauten Dobson Teleskopen und parallaktischen Montierungen als auch diejenigen der APO-Philosophie voll und ganz auf ihre Rechnung kommen.
Plötzlich - es muss so gegen 11 Uhr abends sein - vermeldet eine aufgeregte Stimme Wolkenlücken. Und tatsächlich. Was kaum jemand mehr für möglich gehalten hatte, ist eingetroffen. Sofort ist Feuer im Dach. So rasch wie möglich werden die Teleskope auf den Beobachtungsplatz raufgefahren und in Position gebracht. Und es gibt tatsächlich Gelegenheit, ab und zu durch ein Loch in der Bewölkung einen Blick auf das eine oder andere Himmelsobjekt zu erhaschen. So ist es mir immerhin vergönnt, für kurze Augenblicke durch meinen 25 cm Dobson zwei Kugelhaufen (M 13 und M 92), vier offene Haufen (Chi und h Persei, NGC 7789 und M 11) sowie zwei planetarische Nebel (M 27 und M 57) zu erblicken. Ändu Kunzmann, der seinen Dobson neben dem meinigen aufgestellt hat, vermeldet sogar die Sichtung des Cirrusnebels und der Andromedagalaxie. Doch die Wolkenlücken ziehen leider so rasch vorüber, dass ich mit meinem Rohr in beiden Fällen zu spät komme. So gegen zwei Uhr Nachts haben wir genug von der Wolkenlückenjagd und verziehen uns in die warmen Schlafsäcke.
Das Trommeln des Regens weckt früher oder später den letzten Siebenschläfer. Es sieht draussen wieder so trostlos aus wie am Freitag Nachmittag. Doch vorerst gibt es im Berghaus ein Frühstücksbuffet. Im Radio vermelden die Morgennachrichten Schneefälle auf dem Nufenenpass. Ein paar Schritte vor die Tür zeigen, dass der Schnee hier auf 1600 Meter Höhe bereits zu riechen ist. Das Thermometer ist jedenfalls auf 6 Grad gefallen. Somit haben wir allen Grund, das Frühstück in die Länge zu ziehen.
Irgendwann am früheren Nachmittag - es regnet weiterhin unbeirrt - kommt das Bedürfnis auf, sich ein wenig die Beine zu vertreten. Was liegt da näher, als der nahegelegenen Sternwarte von Radek Chromik, ausgestattet mit einem respektablen 46 cm Cassegrain-Reflektor, einen Besuch abzustatten. Eingehüllt in warme Jacken und bewehrt mit Regenschirmen macht sich eine kleine Wagenkolonne auf den Weg. Im innern der Kuppel darf jeder seiner Phantasie freien Lauf lassen, was man mit diesem Instrument so alles beobachten und fotografieren könnte. Doch vielleicht würde ja bereits der kommende Abend ein paar weitere Beobachtungswünsche erfüllen. Doch der Abend will das nicht. Der Regengott ist erzürnt und lässt der gütigen Wetterfee keine Chance. So ist wieder die Speisekarte des Gurnigelwirtes dafür verantwortlich, das die Stimmung trotzdem gut bleibt und sich der eine oder andere zusätzlich mit der guten Wetterprognose für den Anfang der kommenden Woche vertröstet.
Der nächsten Starparty auf dem Gurnigel, welche vom 29. - 31. August 2003 stattfindet, wird mit Sicherheit grösseres Wetterglück beschieden sein!
Text: Manuel Jung
Fotos: Radek Chromik, Manuel Jung, Bernd Nies